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Strassenmusik: Tag 3



Heute gilt es, aus den Erfahrungen von gestern, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Ich bin deshalb schon früh aufgestanden, um alle Songs, rhythmisch und energetisch, nochmals intensiv zu üben. Ich machte gestern, unter anderem die Erfahrung, dass mich Interaktionen mit dem Publikum, während des Spielens, aus dem Song werfen können. Manchmal stolpere ich sogar regelrecht. In diesem Punkt muss ich dringend souveräner werden, insbesondere im Hinblick auf eigene Konzerte. Heute ist Samstag. Ich gehe davon aus, dass viele Menschen in der Stadt sein werden. Ich will die Gelegenheit unbedingt nutzen und viel spielen. Damit Du einen besseren Eindruck erhältst, habe ich mir ausserdem vorgenommen, das Ganze zu filmen. Das ist gar nicht so einfach. Bei diesen vielen Menschen kann ich die Kamera nicht einfach auf die Strasse stellen, die wäre in kürzester Zeit überrannt. Zudem, wie sieht das denn aus, wenn man sich selber filmt? Ich muss also ein Plätzchen finden, wo ich irgendwo, quasi auf der anderen Strassenseite, unbemerkt eine Kamera aufbauen kann.


Heute läuft es bedeutend besser. Die Erfahrungen von gestern helfen weiter und ich bin bereits merklich sicherer geworden. Alle 30 min. soll man die Plätze wechseln, um die Anwohner/Anlieger nicht zu arg zu nerven. Dadurch bin ich anscheinend anderen Strassenkünstlern aufgefallen und sie sprechen mich immer mal wieder wohlwollend an. Irgendwie nehmen sie mich fürsorglich in ihre Familie auf. Die einen geben mir Tipps, andere wollen mit mir musizieren, wiederum andere bieten mir Wasser, aus ihren jahrealten, ausgelutschten Petflaschen, an. Ich muss sehr durstig aussehen, denn sie können nicht verstehen, dass ich nichts trinken will. Dennoch fühle ich mich, auf eine unerklärliche Weise mit ihnen verbunden und auch etwas getragen.

Ich ziehe weiter um wieder zu spielen. Neue Erfahrungen gesellen sich dazu. Mittlerweile haben beide Stimmgeräte wegen der Kälte den Geist aufgegeben. Die Saitenlage der Gitarre ist irgendwie anders und die Finger werden immer steifer. Ich spiele bis 17:00 fleissig weiter. Allerdings wird es mit zunehmender Kälte, auch zunehmend schwieriger Zuhörer zu finden. So entschliesse ich mich, zurück ins Hotel zu gehen und Bilanz zu ziehen.

Alles in allem war es eigentlich in jeglicher Hinsicht ein erfolgreicher Tag. Ich habe mich oft überwinden müssen, habe viel gespielt und viel gelernt. Daneben habe ich meine persönlichen Vorsätze für heute übertroffen und die Ausbeute war mit 10 Euro die Stunde, deutlich höher als gestern. Dies soll angeblich überdurchschnittlich viel sein - wobei ich das eher auf mein fleissiges Spielen, als auf das Talent zurückführe (schliesslich habe ich nicht nach jedem Song einen abgechillt :). Zu guter Letzt bin ich in die Kaste der Strassenmusiker von Montpellier aufgenommen worden und habe einige Geschichten gehört, die durchaus Potential für einen Song aufweisen.

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